Aktuelle Debatte zum Bayrischen Volksentscheid: "Rettet die Bienen"

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sollte Gott, wie es in dem Buch Genesis steht, jemals tatsächlich den Befehl ausgegeben haben:
„Macht euch die Erde untertan“, können wir im 21. Jahrhundert Vollzug melden. Die Erde ist bebaut. Sie ist aufgeteilt, sie ist bewirtschaftet, sie ist zersiedelt, und sie ist erobert.
(Abg. Rüdiger Klos AfD: Wir sind also schon zum Erdkern vorgedrungen?)
Wir haben die Technik erfunden, um mehr als sieben Milliarden Menschen zu ernähren.
Das ist eine schier unglaubliche Leistung. Das Dumme ist nur:
Ganz nebenbei haben wir auch Techniken entwickelt, erfunden und eingesetzt, die geeignet sind, die Lebensgrundlage für ebendiese mehr als sieben Milliarden Menschen zu zerstören.

Deswegen haben wir heute drei Möglichkeiten.
Wir können erstens eine Strategie fahren, die heißt: Wir reduzieren die Weltbevölkerung auf z. B. eine Milliarde Menschen, ziehen vielleicht im Endausbau sogar wieder in die Höhlen zurück und leben vom Jagen und Fischen.

Zweitens: Wir tun einfach nichts. Es gibt große Industriestaaten, die genau das tun und sagen: „Das gibt es alles nicht. Die Problematik ist herbeigeredet. Wir tun einfach nichts.“ Es gibt wahrscheinlich auch eine Partei, die so etwas Ähnliches nachher sagen wird. (Vereinzelt Lachen bei der AfD)

Drittens – Sie ahnen, worauf ich hinauswill -: Wir tun das, was wir am besten können. Wir stemmen uns mit aller Macht gegen die Folgen unseres eigenen Tuns. Wir hinterfragen Selbstverständliches und streben nach Lösungen, die die Erfüllung beider Wünsche vereinen – den Wunsch nach einem warmen Wohnzimmer, bezahlbarem Essen, einem komfortablen Lebensstil, Mobilität und Energie auf der einen Seite, (Zuruf des Abg. Stefan Räpple AfD) und auf der anderen Seite den Wunsch nach einer Welt, die an der Existenz des Menschen nicht zerbricht.
(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie des Abg. Jürgen Keck FDP/DVP)

Ich glaube, dass das geht.
Die Technologien und Errungenschaften, die Entwicklungen in Wissenschaft und Forschung, die uns schon so oft an den Rand der Existenz gebracht haben, sind zugleich Faktoren, die uns retten können – mitsamt den Bienen und Insekten, mitsamt den Vögeln, Fischen und Wildtieren. Das bayerische Volksbegehren, das bis auf ein paar dem Zeitgeist geschuldete handwerkliche Fehler die unschätzbare Chance in sich birgt, dass Veränderungen endlich einmal nicht nur angemahnt, sondern auch im eigenen Tun der Bevölkerung akzeptiert werden, sollte uns Mut machen.
(Beifall bei der CDU und den Grünen)

Die Initiatoren des Volksbegehrens fordern eine Biotopvernetzungsstrategie – die haben wir schon.
(Beifall des Abg. Winfried Mack CDU)
Die Bayern wollen 30 % Bio – das fordern wir schon.
Die Bayern wollen ein Pestizidverbot – wir arbeiten längst an Strategien, die Pestizide, so gut es geht, obsolet machen.
Die Bayern fordern ein Programm für die Biodiversität, das auf wissenschaftliche Erkenntnisse in Sachen Artenschwund setzt – das hat diese Regierung aus CDU und Grünen im Rahmen der Biodiversitätsstrategie längst auf den Weg gebracht. (Beifall bei der CDU und den Grünen – Zuruf von der CDU: Genau!)

Nun fragen Sie sich wahrscheinlich – ich frage mich das auch –: Reicht das?
Das weiß ich nicht. Mal ehrlich: Sie wissen es auch nicht. Niemand weiß das.
Aber unsere eigene Geschichte sollte uns Mut machen.
Es gab eine Zeit, da schwamm im Rhein kein Fisch mehr, weil das Wasser so dreckig war.
Heute schwimmt im Bodensee kein Fisch mehr, weil das Wasser zu sauber ist.
Einst sorgte der saure Regen für das Waldsterben.
Mal ehrlich: Wann haben Sie zum letzten Mal dieses Wort gehört? (Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)
Einst fürchteten wir uns vor Müllbergen, und heute streiten sich die Müllverbrennungsanlagen um jedes Gramm Müll.
Mehr als 90 % des Plastikmülls, der in den Weltmeeren schwimmt, stammt aus fünf Flüssen. (Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Genau so ist es!) Sie ahnen es: Weder die Donau noch der Rhein sind einer dieser fünf Flüsse. (Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen sowie des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Da will man mir erzählen, wir würden es nicht schaffen, den Artenschwund zumindest abzubremsen und der Natur Raum und Heimat zu geben? Natürlich bringt das Veränderungen mit sich, natürlich kostet das auch Geld. Da sind wir dann bei der politischen Dimension all dessen, was ich beschrieben habe. Eine Unterschrift ist schnell getätigt. Aber wie nachhaltig und konsequent ist diese Bienenliebe? Wie viele Menschen haben das bayerische Volksbegehren unterschrieben, weil das Gegenteil von „Rettet die Bienen!“ ist: „Rettet die Bienen nicht!“?

Wie viele hätten unterschrieben, wenn es ehrlicherweise geheißen hätte: 100 Millionen € für die Biodiversität, 100 Millionen € weniger für den Rest, für Schulen, Kitas und soziale Wohltaten? (Beifall des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos] – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Sehr gut!)
Hätten Sie da unterschrieben? (Beifall des Abg. Karl Rombach CDU) An dieser Ehrlichkeit werden sich alle, die derzeit Sätze sagen wie: „Ich verstehe gar nicht, warum man da nicht mehr macht; das ist doch gar nicht so schwer“, messen lassen müssen. Wir hier wissen jedenfalls, dass es schwer ist, dass ein langer, von Unsicherheit geprägter Weg vor uns liegt. Aber so wie wir, die CDU­-Fraktion, schon zu Zeiten von Weiser, Vetter und Gönner für den Erhalt unserer Kulturlandschaft und Artenvielfalt eingetreten sind, so stehen wir heute zu den Entscheidungen von Umweltminister Untersteller und Agrarminister Hauk, die bei diesem Thema an einem Strang ziehen. Und das sollten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch tun.

Danke.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

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